Halbtrocken

Wein halbtrocken: Entweder, oder? Gar nicht nötig.In der Fülle der eindeutig lieblichen und eindeutig trockenen Weine wird gern übersehen, dass es noch eine dritte Kategorie gibt. Dabei hat halbtrockener Wein es gar nicht nötig, sich hinter den anderen Geschmacksnuancen zu verstecken. Denn die leichte Süße ist besonders für Weinfreunde, die keine Lust auf ein „Entweder, oder“ haben, eine wunderbare Alternative.

Feuer und Sanftheit sind im halbtrockenen Wein gemeinsam zuhause

Am Prädikat »halbtrocken« haben sich in Deutschland bereits etliche Streitigkeiten entzündet. Vor allem die Moselwinzer, die für ihre Weine mit deutlich unterschiedlicher Restsüße die gebräuchliche Bezeichnung »feinherb« beibehalten wollten, ließen sich nicht in das EU-Korsett der Vorschriften zwingen.

Ob der Wein nun feinherb oder halbtrocken ist, macht für den besonderen Charakter kaum einen Unterschied. Wein halbtrocken stellt sich zunächst mit seinem trockenen Gesicht vor, bevor er im Nachgang und am Gaumen mit seiner sanften Restsüße hausieren geht. Gerade dieses Spiel zwischen Geradlinigkeit und Verspieltheit hilft dem halbtrockenen Wein auf dem Markt langsam wieder auf die Beine, nachdem jahrelang alles Süße praktisch aus den Weinkarten verschwunden war. Da der typische Weingaumen inzwischen aber wieder mehr Lust auf Herausforderung und Veränderung hat, erfreuen sich halbtrockene Weine erneut großer Popularität.

Als Halbtrocken-Mekka bekannt, liegt deutscher Wein ziemlich weit vorn auf der Skala der hochwertigsten Erzeuger. Dabei machen sie sich zunutze, dass zum Beispiel die Super-Traube Riesling, wird ihre Gärung auf halbem Wege gestoppt, bereits in diesem Stadium wunderbar komplexe Aromen und feine Säure aufweist, die mit der Restsüße hervorragend harmonieren.

Wein halbtrocken bei Ludwig von Kapff: Harmonie in Rot und Weiß

Auch Müller-Thurgau gehört zu den deutschen Rebsorten, die sich mitunter als leichtfüßiger Halbtrockener präsentieren können. Hier ist aktuell jedoch die trockene Art weitaus beliebter. Die Scheurebe als Inbegriff des lieblichen deutschen Weines besitzt indes viel mehr Spielarten von süß als viele vermuten. Als feinherbe Variante bringt sie echte Rasse ins Glas und überrascht damit so manchen überzeugten Trockenheitsfan.

Auch Rotwein kann sich halbtrocken zeigen, obwohl diese Ausbauart tatsächlich recht selten praktiziert wird – der Zeitgeist ist einfach ein anderer.

Übrigens, in der Welt der Genüsse, die auf Wein basieren, ist das Prädikat »halbtrocken« weitaus verbreiteter: In Prosecco, Champagner, Sherry und Co. unterstreicht die Restsüße nämlich jeweils den prickelnd-angenehmen oder weich-schmelzenden Charakter und gehört praktisch zur Grundausstattung.