Lieblicher Weißwein

So gerne lieblicher Weißwein von der Kritik belächelt wird, so beliebt ist er. Zwar ist die liebliche Weinstilistik ein eindeutiges Nischenprodukt, findet aber gerade in der weißen Variante eine große und stetig wachsende Zahl an Abnehmern. Warum? Weil die Süße zum Spielen und Ausprobieren einlädt. Weil ein gut gekühlter lieblicher Weißwein den Sommer bereichert. Und weil ein solch köstlicher Tropfen genauso viele Facetten bereithält wie die trockenen Verwandten.

Lieblicher Weißwein bezaubert (nicht nur) die Damenwelt

Es mag ein Klischee sein, dass lieblicher Weißwein vor allem in der Damenwelt Erfolg hat. Zwar finden sich Naschkatzen in beiden Geschlechtswelten, doch Damen haben offenbar kein Problem damit, diese süße Vorliebe auch beim Wein auszuleben. Auf den gehobenen Weinkarten finden sich daher immer wieder vereinzelte liebliche Weißweine, die meist aus Deutschland stammen.

Hier gibt es eine ausgesprochene Lieblich-Tradition, die erstens von der Expertise Deutschlands als Weißweinland herrührt und zweitens in der Tatsache begründet ist, dass es hier besonders viele Lieblich-Abnehmer gibt. Damit eine Rebsorte im Glas mit dem wunderbaren Spiel aus Süße und Frucht verzaubern kann, braucht sie von Natur aus einen hohen Zuckergehalt, muss viel Sonne abbekommen und möglichst spät geerntet werden oder früh reifen können. Die Vinifizierung wird meist vorzeitig gestoppt, um die vollständige Umwandlung von Zucker in Alkohol durch die Hefe zu verhindern.

Von süßen Perlen und wahren Schätzen

Lieblicher Weißwein hat oftmals einen relativ niedrigen Alkoholgehalt und eignet sich gut gekühlt als sommerliche Erfrischung. Das erleben Sie zum Beispiel in einem Riesling von der Mosel, wo sich eine der deutschen Lieblich-Hochburgen befindet. Der Markus Molitor Wehlener Sonnenuhr Riesling beweist dabei sehr überzeugend, dass ein lieblicher Weißwein durchaus mehr als eine lobende Erwähnung in den einschlägigen Weinführern wert ist.

Vormalige Lieblich-Stars, wie etwa die Scheurebe oder so mancher Grauburgunder aus Rheinhessen, kleiden sich indes immer öfter in ein trockenes Gewand, was ein deutliches Zeichen für die sich verändernde Weinwelt ist. Dennoch gibt es auch bei diesen Klassikern immer wieder Nachschub, den wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten, wenn er unseren und Ihren Qualitätsmaßstäben entspricht. Bestes Beispiel ist etwa der Diehl Scheurebe, dem es kaum an süßer Opulenz mangelt.

Ein weiterer Genuss ist die Bacchus-Traube, ein Scheurebe-Abkömmling, der sich dank seiner frühen Reife in Gegenden etabliert hat, wo der Riesling niemals genug Sonne für einen lieblichen Weißwein abbekäme. Der passende Wein zu dieser Behauptung ist zum Beispiel der Weingut Stark Dienheimer Siliusbrunnen.

International spielt die liebliche Weißweinstilistik kaum eine Rolle – zumindest, wenn es um übliche Tischweine geht. Bei den perlenden Varianten sieht das Ganze natürlich anders aus, schließlich wäre das Angebot an Champagner, Sekt und Crémant ohne die milde Variation um einige wundervolle Perlen ärmer.

Zum Schluss noch ein Tipp: Lieblicher Weißwein lädt Sie dazu ein, ihn nicht nur pur und gut gekühlt zu genießen. Sie können ihn auch in vielen Sommercocktails zum Star machen. Am besten gelingt dies, wenn Sie ihn mit äußerst trockenen, mitunter bitteren Geschmackskomponenten zusammenbringen und das Ganze mit etwas Säure abrunden. Dafür empfehlen wir, sich in den Rezepten für Sommerbowle umzuschauen. Aber vorher kosten Sie pur und stellen fest, wie aromatisch intensiv ein lieblicher Weißwein sein kann.